Donnerstag, 3. Oktober 2013

Sein oder Nichtsein

Momentan ist Manuel als der Polnische Luftwaffenoffizier Stan Sobinsky und Herr Walowski von der Zensur in der Komödie 'Sein oder Nichtsein' nach dem Film von Ernst Lubitsch auf Tournee durch Deutschland und Oesterreich...
mehr dazu hier:
www.kempf-theater.de

Mittwoch, 1. Mai 2013

Konzert in der Josefa Bar im Westend München am 26.April 2013..!

                                                    Foto © Lavinia Dunga 2013

Manuel Klein und the Yeah! Heavies spielten Songs aus ihrem neuen Album welches demnächst erscheinen wird.. mehr dazu in Kürze!

Montag, 25. Februar 2013


Der Mensch als Objekt der Macht
Schillers Trauerspiel „Don Carlos“ in einer stimmigen Inszenierung im Neustadter Saalbau – Beeindruckende Schauspieler-Leistungen

NEUSTADT. Überaus herzlicher und bemerkenswert langer Schlussapplaus zeigte am Dienstag, dass das Publikum im Neustadter Saalbau mit der Aufführung von Schillers „Don Carlos“ durch die Gastspieldirektion Kempf hochzufrieden war. Eine in sich stimmige, schauspielerisch anspruchsvolle Ensembleleistung war vorausgegangen, in der namentlich Manuel Klein in der Titelpartie wahrhaft glänzte.

„Arm in Arm mit Dir / so fordr’ ich mein Jahrhundert in die Schranken.“ Ein geradezu vermessener Traum: Ich gegen den Rest der Welt, den zwei junge Männer am Ende des ersten Aktes des „Don Carlos“ formulieren. Es sind die gesellschaftlichen Widersprüche seiner Zeit, die wenige Jahre nach der Entstehung des Stücks in die Französische Revolution münden sollten, die der junge Schiller in den Stoff des 16. Jahrhunderts eingetragen hat. Und manche Beschreibung gesellschaftlicher Gegebenheiten, in denen der einzelne Mensch keinen Eigenwert besitzt, sondern nur Objekt der Macht sein darf, erinnert frappant an die heutige Gesellschaftszustände, die Frank Schirrmacher in seinem aktuellen Buch „Kultur des verdeckten Spiels“ kritisiert. Denn vor allem, weil im verdeckten politischen Intrigenspiel am spanischen Hof am Ende keiner mehr so recht weiß, was wahr ist und was nicht, kommen die beiden jungen Männer, Don Carlos, der spanische Thronfolger, und der Marquis von Posa, der politische Aktivist, dem die Freiheit über alles geht, am Ende zu Tode.

Dazwischen spielt dralles Theater, in bemerkenswert unverblasster Sprache, das vor allem deswegen virulent bleibt, weil der Autor sich selbst in die Quere gekommen ist und im Laufe der langen Abfassungsarbeit offenbar auch manche Ansicht verändert hat. Und da jeder Regisseur gezwungen ist, aus der überbordenden Fülle des Dramentextes durch kräftige Striche eine bewältigbare Fassung zu erzeugen, ergeben sich von selbst unterschiedliche Interpretationen. Christoph Brück hat in der Kempf-Inszenierung die Hälfte der Sprechrollen weggelassen und damit den ganzen realistischen Apparat des Stücks demontiert. Übrig bleiben die Kernszenen, die Kernkonflikte des Dramas. Auch sie der notwendigen Kürze halber mit manchem Verlust, etwa in den Vorgeschichten zwischen königlichem Vater und Sohn. Mehr an Verfremdung will der Regisseur nicht.

Man spielt in annähernd historischer, stets schmucker Gewandung zwischen ebenso zweckmäßigen wie dekorativen Versatzstücken im Renaissancestil. Und man spielt gut. Niemals muss man sich ärgern, dass einer der Darsteller mit dem Blankvers – dem fünffüßigen reimlosen Jambus, in den Schiller das zunächst in Prosa geschriebene Stück schließlich umgegossen hat – nicht zurechtkommt. Das ist heute viel. Und immer wenn die großen Ideendialoge anstehen, wachsen die Darsteller, geben dem Geschehen packende Intensität, sprechen pointiert. Hier einzelne Namen hervorzuheben, würde andere ungerechtfertigt zurücksetzen. Einer indes ragt durch kaum übertreffbare Präsenz heraus: Manuel Klein als Carlos. Er hat einen besonderen Sinn für die Kunstform des Verses, weiß mit der Spannung zwischen Sprachrhythmus und Versmaß ungemein klug zu spielen. Auch die nebensächlichste Bemerkung wird, von ihm vorgetragen, zum ästhetischen Vergnügen, und selbst die dramatische Verlegenheit, dass erzählt werden muss, was aus praktischen Gründen nicht auf der Bühne gezeigt werden kann, macht er zum Genuss: Er erzählt mit seinem ganzen Körper, weiß dem Text durch kleine Betonungsnuancen Bedeutungsschichten hinzuzufügen. Die Intrige des vierten und fünften Aktes entwickelt sich mit unerbittlicher Konsequenz. Großartig sind beispielsweise die Szenen zwischen König Philipp und Königin Elisabeth (Wolfgang Grindemann und Sarah-Jane Janson), von schneidender Eindringlichkeit die abschließende Begegnung des Königs – ein ebenso großartig gemachtes wie übel antikatholisches Stück Propaganda – mit dem Großinquisitor (Jörg Reimers, der hier beeindruckend agiert, während er vorher den Pater Domingo eher beiläufig dargestellt hat). Solide der Posa von Julian Weigand. Posa ist von allen Protagonisten am wenigsten ein Mensch mit seinem emotionalen Widerspruch und am meisten eine Ansammlung von Ideen und romantischem Pathos. Viel ließ sich anschließend nachdenken. Das ist mit das Beste, was sich über einen Theaterabend sagen lässt.

Von Roland Happersberger - Die Rheinpfalz, 21.02.2013
 

Sonntag, 24. Februar 2013


Theatergastspiele Kempf überzeugen mit einem erfrischenden "Don Karlos"
VON RALF KAPRIES

Minden (pri). Eine erfrischend entrümpelte Fassung von Friedrich Schillers "Don Karlos" erlebte das Mindener Publikum am Samstagabend in seinem Stadttheater.
Strenge und Gefühlskälte kennzeichnen den Hof Philipps II. (v. l.: Maya Forster, Sarah-Jane Janson, Wolfgang Grindemann, Ralf Weikinger, Jörg Reimers und Matthias Horbelt).
Strenge und Gefühlskälte kennzeichnen den Hof Philipps II. (v. l.: Maya Forster, Sarah-Jane Janson, Wolfgang Grindemann, Ralf Weikinger, Jörg Reimers und Matthias Horbelt). | Foto: Ralf Kapries

Christoph Brück inszenierte für die Theatergastspiele Kempf klar und schlüssig, wobei die Sprache Schillers, wenn auch dem heutigen Sprachgebrauch angenähert, in ihrer Wirkung erhalten blieb.

Nicht nur die Ausstattung Claudia Weinharts, die Versatzstücke aus einer Zeit zwischen Renaissance und heute kombinierte, verliehen etwa dem Vater-Sohn-Gespräch zwischen König Philipp und Karlos eine starke Nähe, aber es ist natürlich vor allem die Spielleistung Wolfgang Grindemanns und Manuel Kleins, die dem Konflikt Echtheit verleiht. Das vieltürige Bühnenbild wirkte atmosphärisch unterstützend, konnte doch hinter jeder Tür ein Spitzel, ein Verräter lauern - Sinnbild der allgegenwärtigen Kontrolle an Phillips Hof, die keine Privatsphäre zuließ

Julian Weigend spielte einen spannungsgeladenen Marquis von Posa mit großer persönlicher Ausstrahlung, ein Mann, der seinem Freund Karlos voll herzlichem Verständnis zugetan ist und seine Ideale mit endloser Einsatzbereitschaft unterstützt. Sarah-Jane Janson verkörpert die Königin, die sich trotz widerstrebender Gefühle ganz der Staatsraison unterwirft, mit bewegender menschlicher Dramatik und entschlossener Majestät.

Auch die restlichen Mitglieder des Ensembles lieferten ihr Bestes und trugen so zum Erfolg der beeindruckenden Aufführung bei. Sehr differenziert und nicht ohne hintergründigen Humor spielte Jörg Reimers eindrucksvoll den kurzen Part des Großinquisitors.

Sicherlich war es auch für die Kempfer nicht ganz einfach, das verwickelte Stück mit seiner Dreifachthematik, den sturm- und drängerischen Gefühlsausbrüchen, den seltsam häufigen Briefwechseln, abgefangenen wie missverstandenen, und den zahllosen Intrigen in einer klaren, stringenten Aufführung zusammenzuführen.

Das Stück wurde am 29. August 1787 in Hamburg uraufgeführt, nachdem Friedrich Schiller vier Jahre lang an den fünf Akten gearbeitet hatte.

Der Zuschauer soll es möglichst während der relativ kurzen zweistündigen Spieldauer (Roger Vontobel ließ im Staatsschauspiel Dresden sogar über dreieinhalb Stunden spielen) begreifen. Der damals 27-jährige Dichter verarbeitet nicht nur die Konfliktstoffe der spanischen Inquisition, Freiheitskampf der Spanischen Niederlande und die Liebe des Thronfolgers zu seiner Stiefmutter, sondern auch das Drama Philips, in seiner Allmacht allein zu sein, das Drama Posas, "nicht Fürstendiener" sein zu können, zu einer tragisch endenden, schwer verdaulichen Melange. Brück schafft hier gnadenlos Klarheit.

Resultat: Spannung bis zum Schluss. Das Publikum im dünn besetzten Parkett und auf den Rängen folgte der Inszenierung mit Spannung und honorierte die harte Arbeitsleistung des Ensembles mit gewohnt üppigem Applaus.

Freitag, 22. Februar 2013


Delmenhorst
Ein mit hoher Intensität ausgetragener Vater-Sohn-Konflikt zwischen König Philipp II. (l., Wolfgang Grindemann) und Thronfolger Karl (Manuel Klein) steht im Zentrum von „Don Karlos“. Foto: Andreas Nistler
2013-02-22 19:32

Intrigen und Konflikte am spanischen Hof

Mit „Don Karlos“ hat das Delmenhorster Publikum einen der großen deutschen Bühnenklassiker gesehen. Das komplexe Schiller- Drama bestach durch atmosphärische Dichte.
Von Dirk Hamm
DELMENHORST. Nach zahlreichen leichteren und zeitgenössischen Stoffen ist mit Friedrich Schillers Schauspiel „Don Karlos“ am Donnerstagabend ein Stück Weltliteratur im Kleinen Haus aufgeführt worden. Die Inszenierung des 1787 uraufgeführten Dramas des neben Goethe größten deutschen Dichters durch das Ensemble der Kempf Theatergastspiele hinterließ beim Publikum einen starken Eindruck. Die Zuschauer im zu rund drei Vierteln gefüllten Saal belohnten die ansprechende Leistung der Schauspieler mit lang anhaltendem, kräftigem Beifall.
Der Fünfakter, der literaturhistorisch an der Schwelle vom Sturm und Drang zur Klassik zu verorten ist, konfrontiert den Betrachter gleich mit drei ineinander verwobenen großen Themen: leidenschaftliche und zugleich aussichtslose Liebe, ein epischer und tragisch endender Vater-Sohn-Konflikt sowie der Kampf um die Befreiung von Tyrannei. Die realen historischen Ereignisse um den Freiheitskampf der Niederlande im 16. Jahrhundert gegen die habsburgische Herrschaft bilden den Hintergrund, vor dem sich am spanischen Hof ein komplexes und zugleich höchst leidenschaftliches Intrigen- und Machtspiel entfaltet.
In einer auf das Wesentliche reduzierten Kulisse konzentrierte sich die Inszenierung unter der Regie von Christoph Brück ganz auf die vielschichtige Interaktion der Figuren. Ein ungewöhnlicher Mix aus historisch anmutenden und modernen Accessoires bei den Kostümen und die Untermalung einer Szene mit dröhnendem Hardrock trugen zu der atmosphärischen Dichte der Aufführung bei.
Gerade die Szenen, in denen sich auf der einen Seite der mal leidenschaftlich flehende, mal ungestüm-zornige Thronfolger Karl (gespielt von Manuel Klein) und auf der anderen Seite der strenge, an der Männlichkeit und den Fähigkeiten seines Sohnes zweifelnde König Philipp II. (Wolfgang Grindemann) gegenüberstehen, wurden mit hoher Intensität gespielt. Die beinahe diabolische Ausstrahlung, die Grindemann dem hartherzigen König stellenweise verlieh, ließ den Zuschauer geradezu erschaudern.

Mittwoch, 20. Februar 2013

Premiere mit Don Carlos (Kempf Theater)


Frischzellenkur für Don Carlos in Bad Kissingen

Die Theatergastspiele Kempf sorgen für einen denkwürdigen Abend. Regisseur Christoph Brück gelingt eine wohltuende Entschlackung des Stückes. Schillers herrliche Sprache blieb dennoch erhalten.
Wolfgang Grindemann als König Philipp II. und sein Sohn Carlos im entscheidenden Gespräch zwischen den Kontrahenten im politischen wie persönlichen Kampf in der Produktion der Theatergastspiele Kempf von Schillers ‚Don Carlos‘ beim Kissinger Theaterring. Foto: Gerhild Ahnert
 
Als Weltgeschichte im Familienformat schrieb Friedrich Schiller 1787 sein Drama ‚Don Carlos‘ . Den ebenso passenden Titel ‚Kabale und Liebe‘ hatte er ja schon an ein früheres Stück vergeben. Obwohl mit Don Carlos‘ Vater Philipp II von Spanien, in dessen Reich die Sonne ja bekanntlich nicht unterging, ein weltbekannter Potentat im Mittelpunkt eines Dramas steht, geht es über weite Strecken über dessen dysfunktionale Familie, die er sich nur nach Gründen der Staatsräson zusammengebastelt hat. Dass er dabei die Verlobte seines Sohnes per Dekret zu seiner Frau und dessen Mutter machte, ist mehr ein interfamiliäres Problem.

Da Schiller mit diesen Privatangelegenheiten am spanischen Königshof auch seine Forschungen zur ‚Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung‘ verknüpfte und Philipps Zeit der Ketzerverbrennungen, Inquisition, und alltäglicher Bespitzelung als Hintergrund für Forderungen nach allgemeinen Menschenrechten und "Gedankenfreiheit" machte, ließ sein Stück für den Theatergänger nur schwer nachvollziehbar und verwirrend werden. Es ist äußerst vielschichtig ob der vielen abgefangenen, missverstandenen Briefe und zahllosen persönlichen Intrigen jedes Protagonisten um das wie ein Fels in der Brandung wirkende einzig lautere Paar Carlos und Elisabeth.

So erwarteten die Besucher des Kissinger Theaterrings wohl eher einen Abend wohlig-musealer Klassikerpflege als die Frischzellenkur, mit deren spannendem und intellektuell wie ästhetisch gleichermaßen goutierbarem Produkt die Theatergastspiele Kempf im Kurtheater aufwarteten. Einen Fiebertraum, bei dem sich Carlos über den Bühnenboden wälzt und sich mit allen berühmten Szenen und Aussprüchen in einer vorweg genommenen Stretta herumschlägt, hatte Regisseur Christoph Brück seiner Inszenierung vorangestellt, doch dann konstatierte Domingo zur großen Erleichterung einiger Zuschauer Schillers berühmten Einstiegssatz: "Die schönen Tage von Aranjuez sind nun zu Ende..." Und damit begann einer der denkwürdigen Theaterringabende, denn obwohl Brück an keiner Stelle historisiert, zitiert die Aufführung historische Kontexte in der Ausstattung von Claudia Weinhart durch die aus Alt und Modern collagierten Kostüme und Raumversatzstücke. Obwohl der Text wohltuend entschlackt und modernem Sprachgebrauch angenähert ist, konnte sich Schillers herrliche Sprache auch ob der Sprechkultur der Darsteller entfalten. Und obwohl die Bühnenmusik (Achim Zeppenfeld) modern ist, die am Schluss verwendete Pistole eindeutig aus unseren Tagen, entstand an keiner Stelle das Gefühl, hier sei etwas in eine nicht passende Zeit geholt, historisch entwurzelt worden.

Hohe Authentizität

Für diese Authentizität waren natürlich zuallererst die glänzend aufspielenden Schauspieler verantwortlich. Manuel Klein spielte seinen Carlos als liebesgebeutelten Zwangsentlobten, der sich wie jeder Stürmer und Dränger mit seinen Gefühlen für seine Ehemalige und den Freiheitskampf der Niederländer im Recht sieht und deshalb weder auf die Abwehrmaßnahmen seiner Nun-Mutter Elisabeth von Valois (Sarah-Jane Janson als würdevolle, in sich ruhende, Carlos Ausbrüche und Phliipps Ansprüche auf sie verstehende Königin) reagiert, noch auf die politischen Schachzüge, in die ihn sein Freund Posa eingeplant hat, adäquat eingehen will und kann. Julian Weigend spielte den Posa mit all der persönlichen Ausstrahlung, die dieser Verschwörer braucht, um sich zwischen dem leichtgläubigen Jugendfreund Carlos und dem von Amts wegen misstrauischen Philipp II. zu bewegen, sie beide auf seine Seite und in sein Vertrauen zu bringen.

Wolfgang Grindemann spielte den mächtigsten Mann seiner Zeit, den in seiner Machtposition völlig vereinsamten Philipp in seiner ganzen Gefährlichkeit, aber auch Bedürftigkeit. Er braucht den von Matthias Horbeit als körperbewussten Kraftprotz gespielten Herzog von Alba und er wirft sich am Ende der Institution in die Arme, die er als die einzig ihm überlegene anerkennt: dem Großinquisitor des Königreichs, dem Jörg Reimers die jovial daherkommende eiskalte Gefährlichkeit eines Geheimdienstbosses gab, während er als minder mächtiger Beichtvater des Königs und Hofintrigant Domingo dessen etwas machtgebremste Minimalversion gab.
Für Schiller hat Philipp so gar nichts von dem Asketen auf dem Escorial, schließlich hält er sich die Prinzessin von Eboli als Geliebte.

Christa Pasch als Eboli und Maya Forster als eigentlich doch nicht so zugängliche Marquisin von Mondecar waren in dieser Inszenierung schon an den Aussparungen in ihren Kostümen erkennbar als verfügbare Frauen, als Gegenbilder zu Elisabeth, die wie eine der tugendhaften Heldinnen des Bürgerlichen Trauerspiels daherkommt. Dieser Riege der Anständigen gehört auch der von Ralf Weikinger als wohlmeinender älterer Freund von Carlos an.

Es war das große Kunststück der Truppe, dass sie all das rüberbrachte und dennoch in der Lage war, die verzwickte Geschichte klar und menschlich mitreißend zu erzählen, dass das Publikum ganz schnell aus der musealen Betrachterposition herauskam und mitging mit dieser spannend präsentierten Geschichte des alten Klassikers Schiller. So gab es bei jedem Vorhang erneut Bravorufe und einen langen und begeisterten Beifall für die Truppe. 
Brillantes Ensemble begeistert in Waldkraiburg bei der Tour-Premiere von Schillers Don Karlos

Intrigen vor Idealen

Mit einer gekonnt zwischen Tradition und Moderne angesiedelten Vorstellung haben die Theatergastspiele Kempf am Sonntag in Wald-kraiburg ihre Tournée-Premiere von Don Karlos gefeiert. Das Publikum im Haus der Kultur quittierte die herausragenden schauspielerischen Leistungen mit anhaltendem Applaus und stehenden Ovationen. Zu Recht.
Macht, Gewalt, Intrigen - und tolle Schauspieler wie Julian Weigend (links) als Marquis von Posa.
© OVB
Macht, Gewalt, Intrigen - und tolle Schauspieler wie Julian Weigend (links) als Marquis von Posa.
Nach der mehrfach ausgezeichneten Umsetzung von "Die Räuber" hat sich Regisseur Christoph Brück mit seinem Ensemble bereits zum zweiten Mal an ein Schiller-Drama gewagt. Dabei ist es sicherlich kein einfaches Unterfangen, einen Bühnenklassiker wie Don Karlos zu inszenieren. Traditionell wirkt schnell altbacken und uninspiriert, während zeitgemäße Adaptionen Gefahr laufen, das Original zu verfälschen und sich in der Abstraktion zu verlieren.
Umso bemerkenswerter ist es, mit welcher Leichtigkeit das komplexe Historiendrama daherkommt. Schillers Stück, im spanischen Königshaus des 16. Jahrhunderts angesiedelt, wartet mit allem auf, was die menschliche Gefühlspalette zu bieten hat - Liebe, Leidenschaft, Machtgier und Gewalt.
König Philipp der Zweite herrscht despotisch über sein Reich, das unter Ausbeutung und Inquisition leidet. Durch sein facettenreiches Spiel gelingt es Wolfgang Grindemann, nicht nur den grausamen Monarchen, sondern auch den vielschichtigen und durch Hofintrigen verunsicherten Menschen dahinter fassbar zu machen.

Die unerfüllte Liebe des Kronprinzen Don Karlos zur eigenen Stiefmutter (Sarah-Jane Janson), die ursprünglich seine Braut war, befeuert den ohnehin schwelenden Vater-Sohn-Konflikt. Die hervorragende Leistung Manuel Kleins in seiner Rolle als zwischen Unentschlossenheit und Leidenschaft hin und her gerissenem Don Karlos wird lediglich übertroffen von Julian Weigend, der den Menschenfreund und Visionär Marquis von Posa mit außergewöhnlicher Bühnenpräsenz ausstattet.
Vergeblich versucht Posa zunächst mit Hilfe von Don Karlos, später indem er Philipp selbst beeinflusst, seine politischen Ideale zu ver-wirklichen: "Geben sie Gedankenfreiheit!" Doch die ehrgeizigen Pläne, unterdrückte niederländische Provinzen zu stärken und humanistische Ideale zu verwirklichen, scheitern letztlich am privaten Kleinkrieg der Mächtigen.
Aus verschmähter Liebe zu Don Karlos verbündet sich Prinzessin Eboli (Christa Pasch) mit Adel und Klerus, die am Hofe des Königs nach Einfluss streben. Gemeinsam schüren sie das Misstrauen des Monarchen gegen Sohn und Ehefrau, das schließlich zum Verhängnis führt. Nach Don Karlos Verhaftung überstürzen sich die Ereignisse und der Marquis von Posa, selbst Teil des höfischen Ränkespiels geworden, opfert sich für seinen Freund und wird erschossen.
Die daraufhin als Höhepunkt des Dramas ausbrechenden Volksunruhen und Gewaltakte begleiten moderne Rockklänge. Haben sie das Stück zuvor durch ihren maßvollen Einsatz aufgelockert und unterstützt, verfehlen sie an dieser Stelle jedoch ihre Wirkung. Das seichte Geplätscher der Popmusik bringt den Klimax nicht zur Geltung und lässt den Aufstand schließlich mehr als Party denn als Massenprotest erscheinen.
Schade, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich die historisch orientierten Kostüme und nah am Original gehaltenen Texte sehr gut mit dem blau fluoreszierenden Hintergrund und der sehr basslastigen Musik ergänzt.
Dennoch schließen die grandiosen Schauspieler das Stück fulminant ab. Eindringlich bleibt der letzte Akt in Erinnerung, indem Philipp seine völlige Abhängigkeit von der katholischen Kirche und deren Großinquisitor (ebenfalls brillant: Jörg Reimers) offenbart. Der König überlässt Sohn und Ehefrau der Inquisition und wird selbst zur Marionette der Mächtigsten im Staat.
Insgesamt gelingt den Kempf Theatergastspielen mit dieser Premiere eine würdige wie auch zeitgemäße Inszenierung des Schiller-Klassikers, die sicherlich nicht nur beim Waldkraiburger Publikum für Begeisterung sorgen wird.